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MTA-Story

Von Ted Bailey

Diesen sehr ausführlichen Abriß der Entwicklungsgeschichte von MTA-Bumerangs veröffentlichte Ted Bailey in seiner früheren Zeitschrift "Boomerang Journal" und in einer aktualisierten Fassung im Internet.

Es gibt in der Literatur mehrere Hinweise auf Aborigines, die Bumerangs mit längerer Flugzeit hergestellt haben. Compton´s Enzyklopädie (1940 - heute) zeigt einen MTA ähnlichen Flug in dem Kapitel über Bumerangs.

Die früheste Angabe, die ich über einen MTA-ähnlichen Bumerang finden konnte, stammt von 1895. Ja richtig - vor über 100 Jahren! Falls ihr Zugriff auf Patentarchive habt, seht euch U.S. Patent #532.233 an. Frank Saxon baute einen laminierten Bumerang mit einer Form, die den frühen Bretfeld-Modellen sehr ähnlich ist. Das Modell war Blei-ballastiert, mit langem Arm 1 und kurzem Arm 2, und der Text beschreibt Flugeigenschaften nicht unähnlich einem MTA.

Als Wettkampfdisziplin wurde MTA in den späten Siebzigern eingeführt. Das BAA Bulletin #25 (Juni 1981) beschreibt eine Disziplin namens „duration” mit 3 Würfen und erforderlichem Fang. Die Zeitschrift erwähnt, daß Bob Burwell einen Bumerang hatte, der nach 21 Sekunden aus dem Blickfeld verschwand. Dies war möglicherweise der erste Tribut an den „Jet Stream God”! Es war vermutlich sehr windig. In Amerika wird die Disziplin „Maximum Time Aloft” erstmalig in Ben Ruhes „Boomerang Newsletter” (Sommer 1980) erwähnt. Barnaby Ruhe erreichte eine Zeit von 20,24 Sekunden mit einem Bumerang, den er stark aufwärts warf. Stuart Jones erreichte 21 Sekunden mit einem Plastik „Wham-O”. Wer jemals so ein Gerät geworfen hat, muß beeindruckt sein!

Währenddessen war Wilhelm Bretfeld in Europa still am Experimentieren mit übergroßen Modellen, die 30 und mehr Sekunden flogen. Die Aprilausgabe 1982 des BBS Bulletin veröffentlichte einen Artikel über Bretfelds „Dinosaurier”, so genannt wegen ihrer Größe - nicht wegen des Alters. Dies war der Beginn des heutigen Trends, Bumerangs mit kürzerem Arm 2 zu bauen.

Eine der ersten Sternstunden des MTA bescherte ein 15 jähriger Engländer - „cannon arm” David Schummy, der heute in Queensland lebt. David setzte den Weltrekord 1992 in Paris auf 26,33 Sekunden. Der Schummy-MTA war praktisch eine Kopie des Bretfeld-Designs.

Diese frühen MTAs waren sehr groß und üblicherweise mit Blei ballastiert, aber ohne Tuning. Sie waren praktisch flach. Einige waren ausgehöhlt und hatten abgeschrägte Vorderkanten. Sie flogen nicht sehr hoch, hatten aber ein so großes Trägheitsmoment, daß sie ihren Spin behielten und nur langsam sanken. David Schummy verkaufte Rohlinge seines Sperrholz-Modells für 20$ (das richtige Profil auszuprobieren überließ er dem Käufer). Ein guter MTA war streng geheimes Material!

Die Europäischen Modelle aus den 80ern wurden von Barnaby Ruhe in die USA geschmuggelt. Bald waren die einzigen guten MTA-Werfer in Amerika Barnaby, seine Cousins Larry und Peter Ruhf und einige enge Freunde (wie Mike Forrester).

In den nächsten paar Jahren änderte sich das Design kontinuierlich in kleinen Schritten, die Zeiten stiegen bis in den 40-Sekunden-Bereich. Bei den 1984er Meisterschaften USA gegen Australien war MTA sehr populär und die Technologie stark gefragt. Ich erinnere mich an Peter Ruhf, der den heißesten MTA von allen hatte. Er hatte ihn in einer Socke versteckt und holte ihn erst kurz vor dem Wurf heraus. Nach dem Fang verschwand er auch gleich wieder in der Socke.

Aber auch das waren alles sehr große Geräte, fast flach und sehr dünn. Die verschiedenen Auftriebskräfte an den 2 Armen bewirkten eine leichte V-Form („dihedral”) während des Fluges. Peter erreichte 1984 den ersten (inoffiziellen) Flug von mehr als einer Minute. Ich begann mich Ende 1984 mit MTAs zu beschäftigen. Ich baute mehrere große Dinosaurier, die schwer zu kontrollieren waren und Flugzeiten bis maximal 20 Sekunden hatten.

In einem kalten Winter hatte ich viel Zeit, über das Design nachzudenken. Als erstes entschied ich mich, die ungleichen Armlängen des Bretfeld-Designs zu übernehmen. Als nächstes dachte ich mir, kleiner müßte besser sein. Die Natur hat auch keine gigantischen Flugfrüchte hervorgebracht. Sie sind sehr klein und haben nur einen Flügel. Aha - ein wichtiger Hinweis!

Als nächstes warf ich jeden Bumerang aus meiner Sammlung [na, Ted, das muß ja eine Weile gedauert haben -gb-] um zu sehen, welcher am besten den Spin beibehielt. Der Sieger war ein Bob Burwell „Rippah”.

Der erste MTA, den ich dann baute, war ein verkleinerter Rippah mit verlängertem Arm 1 und etwa der halben Größe eines Bretfeld-Dinosauriers. Er flog prima, aber ich vermißte immer noch etwas, weil die Flugzeiten immer noch unter 20 Sekunden lagen.

Ich verbrachte viel Zeit in den frühen 80ern mit Al Gerhards, und ich lernte, seinen Hook zu tunen. Ob ihr´s glaubt oder nicht, seine Hooks flogen wie heutige MTAs und er lernte sie so zu tunen, daß sie zur Erde zurückkamen. Was für eine Kombination - ein Bumerang mit Elementen des Bailey-Mini-Bumerangs, des Bretfeld-MTAs, des Burwell Rippah und des Gerhards Hook.

Dieser neue MTA war ein voller Erfolg. Innerhalb weniger Minuten erreichte ich Flugzeiten von 30 Sekunden, nach einigen Stunden kam der erste Flug über 1 Minute. Ich war begeistert. In den nächsten Wochen verkleinerte ich das Modell weiter und bald erreichte ich die 2-Minuten-Marke. Danach fing ich an, Bumerangs an den „Jet-Stream-God” zu verlieren. Tatsächlich habe ich in den ersten Jahren mehr als 50 Bumerangs auf diesem Wege verloren [Ted meint, sie sind einfach nicht mehr runtergekommen -gb-].

Ich war dann der erste, der Anfang 1985 gute MTAs zu erschwinglichen Preisen über Ben Ruhe verkaufte. Rod Jones kaufte #9 meiner Mini-MTA Serie und hatte bald einen ähnlichen Nachbau mit einem völlig neuen Merkmal: Er laminierte mehrere dünne Schichten in einer gewölbten Form, um ein „eingebautes” Tuning zu erreichen. Rods MTA wurde bald seht beliebt in Australien und danach auch in anderen Teilen der Welt.

In MHR #31 (Sommer 1987) veröffentlichte ich den Plan eines neuen MTA-Modells, das ich „Wind Sailor” nannte. Dieser MTA hatte einen längeren und schmalere Arme als meine normalen Modelle. Der Wind Sailor hatte ein Problem. Er war zu einfach zu verlieren. Obwohl er viel Spaß gemacht hat, habe ich ihn nie als Wettkampfbumerang gesehen, und ich verwende ihn auch heute sehr selten.

Etwa zu dieser Zeit tauchte ein neuer Name in der Bumerang-Gemeinde auf: Jonas Romblad. Er erlangte seinen ersten Ruhm nicht durch seine MTAs. Seine Intarsien-Furnier-Bumerangs sind die schönsten, die ich je gesehen habe - bis heute. Einige dieser Schönheiten wurden Ende der 80er bis Anfang der 90er in zahlreichen Zeitschriften abgebildet, aber sie sind inzwischen in Vergessenheit geraten. Ich machte ein Tauschgeschäft mit Jonas, und als er 1988 in die USA kam, brachte er mir zwei wunderschöne laminierte „Wind Sailors” mit Einlegearbeiten mit.

Er erzählte, daß er eine verbesserte Version in „Composite” Technik [Schichten aus verschiedenen Materialien werden in einer Form horizontal laminiert -gb-] plane. Ich ermutigte ihn, es zu versuchen, bezweifelte aber, daß irgend jemand bei diesem schwierigen Projekt Erfolg haben könnte.

Jonas brauchte einige Jahre, um seinen Composite-MTA fertigzustellen. Als ich 1991 das erste Exemplar ausprobierte, das er mir schickte, wußte ich, daß ich etwas ganz besonderes bekommen hatte. Hier war ein MTA-Bumerang, der schon perfekt gebogen war. Er war dem Wind Sailor sehr ähnlich, hatte aber seine eigenen fortgeschrittenen Profil- und Oberflächen-Merkmale. Dieser neue MTA behielt sein Tuning und mußte nie mehr nachgebogen werden. Er war sehr leicht und blieb wirklich sehr lange in der Luft.

Pertinax-MTAs wurden etwa zur selben Zeit populär. Diese kamen zuerst aus Europa und waren wunderbar, um bei Wind zu werfen. Die Europäer brauchten so eine Technologie mehr als wir in den USA, weil es in Europa windiger ist.

Heute hört man viel über Jonas MTA. Er hat einen guten Ruf erlangt und das zurecht. John Gorskis 17+ Minuten-Flug und viele andere Wettkampf-Siege machen das deutlich. Trotzdem, verkauft eure Holz- oder Pertinax-MTAs nicht gleich. Bei Wind sind Pertinax-MTAs die bessere Wahl. Der Jonas ist am besten für ideale Wetterbedingungen, und Holz-MTAs sind immer noch brauchbar, wenn man versteht, sie richtig zu biegen. Hat nicht Earl Tutty beim World Team Cup in Japan MTA mit einem Holzgerät gewonnen?

Das schlimmste am Jonas ist vermutlich, daß viele Werfer es durch ihn verlernt haben, ihre Holz-MTAs vernünftig zu tunen.

Neue MTA-Technologie kommt immer noch aus Europa. Leider scheint es so, daß die US-Werfer und Australier sich darauf beschränken, zu kopieren, was aus Europa kommt. Ich weiß, meine Amerikanischen Freunde werden mir die Hölle heiß machen, wenn ich das sage, aber es ist wahr! Verzeihung Australien, für Euch gilt das auch.

Georgi Dimantschev aus Bulgarien hat kürzlich einen neuen Composite-MTA vorgestellt. Es ist ein neues Design, die Form erinnert an Europäische Pertinax-MTAs, aber eben in Composite-Technologie - wie der Jonas. Einige Werfer hatten Probleme mit Georgis neuem Modell. Mein Prototyp funktionierte gut, aber der nötige Wurf ist etwas trickreich. Gebt Georgi nicht gleich auf. Er ist erfahrener Aerodynamiker. Er weiß, was er tut, und ich bin zuversichtlich, daß er bald ein wettkampftaugliches Produkt anbieten kann.

Das letzte Wort in Sachen „neue MTA-Technologie” kommt von Axel Heckner aus Deutschland, der neue Dreiflügler MTAs gebaut hat [siehe Bauplan „Dreibein” auf Seite 6]. Sie waren der Hit beim World Cup in Neuseeland. Axels Mehrflügler MTAs wurden bereits in „Boomerang News” #1 (Oktober 95) vorgestellt. Viele World Cup Werfer haben diesen Artikel gelesen, diesem unorthodoxen Design aber erst Aufmerksamkeit geschenkt, als sie es im Wettkampf gesehen haben - und da war es zu spät. Ich wette, diese Technik wird in der 96er Wettkampfsaison sehr populär werden.

Ich hoffe, daß MTA auch in der Zukunft bei Wettkämpfen durchgeführt wird. Es scheint den Zuschauern den größten Spaß von allen Disziplinen zu machen und ich halte MTAs für die aufregendsten Bumerangs überhaupt. Wenn ihr einmal herausgefunden habt, wie man sie richtig zum Fliegen bekommt, werdet ihr merken, daß MTAs süchtig machen. Versucht es! Ihr werdet es mögen!

Übers.: gb