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Zur Entwicklungsgeschichte von Wurfholz und Bumerang

Versuch eines kulturhistorischen Überblicks auf Grundlage der Dissertation von J. E. J. Lenoch "Wurfholz und Bumerang"; Wien, 1949

- TEIL 2 - (Teil 1 in der letzten Ausgabe)

Afrika

In Nordafrika ist kontinuierlicher Gebrauch des Wurfholzes seit dem Neolithikum (ab ca. 6000 v.Chr.) bis in die jüngste Vergangenheit nachweisbar. Ausbreitung wahrscheinlich von Nordosten nach Nordwesten bis zum Atlantischen Ozean (Sudan, Kamerun, Guinea, Niger, Marokko, Kanarische Inseln).

Nach Süden keine genaue Abgrenzung möglich. Im Sudan lag das afrikanische Zentrum des Wurfholzgedankens. Das Wurfholz war ein charakteristisches Element der alten Steppenjägerkultur. Nach Einführung des Eisens (ca. 600 v.Chr.) Entwicklung zum Wurfmesser. In Marokko Vorkommen als Spiel- und Schmuckstück mit reichen Verzierungen.

Ägypten:

Trotz Verwendung als Kriegswaffe (Wurf- und Schlagwaffe), ist der eigentliche Anwendungsbereich des Wurfholzes die Jagd. Vor allem die vornehmen Ägypter gebrauchten es zur Vogeljagd (soziale Wertigkeit des Wurfholzes). Als Würdezeichen oder Götter- und Kriegswaffe kaum belegt. Wurfhölzer aus Elfenbein mit rituellem Charakter (Funde aus Tut-anch-Amuns Grab, ca. 1340 v.Chr.). Es entwickelten sich bis zum Ende der Pharaonenzeit viele verschiedene Wurfholztypen. Die Existenz von Bumerangs ist unbelegt, obwohl die Möglichkeit des Bogenfluges den Ägyptern bei der Anzahl der vorkommenden Wurfholzvarianten kaum verborgen geblieben sein konnte.

Vorderasien

In den vorderasiatischen Hochkulturen (ab ca. 3000 v.Chr.) dienten Wurfhölzer als königliche Abzeichen, Hoheitszeichen der Götter und Könige und zur symbolischen Verwendung. Die Form der Wurfhölzer schien für den praktischen Gebrauch nicht geeignet. Als Bildzeichen in der Keilschrift vorhanden. Die meisten Belege stammen aus dem assyrisch-babylonischen Bereich.

Weiterentwicklung des Wurfholzes zum Krummschwert. Ursprungsland Babylonien, Übertragung nach Ägypten und Griechenland; jüngste Vergangenheit: orientalischer Krummsäbel. Nach WINCKLER kam der Wurfholzgedanke aus den Hochkulturen Vorderasiens und gelangte von dort nach Europa, Afrika, Indien und sogar nach Australien; BORK behauptet, daß der australische Bumerang ein Abkömmling der babylonischen Götterwaffe sei (LENOCH, S.94).

Indien

Im indischen Raum sind die Wurfhölzer nicht sehr verbreitet. Sie sind bis heute (1949) in zwei Gebieten Vorderindiens in Gebrauch.

1. Das nordindische Wurfholz; die primitiven Wurfhölzer wurden ausschließlich zur Jagd verwendet, das Material war Holz.

2. Das südindische Wurfholz, das in vorbritischer Zeit als Kriegswaffe gebraucht wurde.

Inzwischen hat es seine Funktion als Waffe verloren und wurde zum Kultgegenstand. Parallel zum Funktionswechsel änderte sich das Material von Holz zu Eisen und Elfenbein. Die Frage, ob es sich bei den südindischen Wurfhölzern um Rückkehrer, also um Bumerangs handelte, ist umstritten. Neuere Untersuchungen verneinen diese Frage, jedoch ist in der indischen Mythologie der Kehrwiederwurf nicht fremd. So kehrte der Donnerkeil Indras nach dem Wurf in die Hand des Gottes zurück.

Amerika

Im amerikanischen Raum spielten Wurfhölzer als Jagdwaffen eine große Rolle. Zum ersten Mal tauchte das Wurfholz etwa 100 n.Chr. auf und wurde zur Kaninchen- und Entenjagd benutzt. Das Baumaterial war Holz.

Es ist eine auffallende Konzentration des Wurfholzgebauchs im Südwestteil Nordamerikas festzustellen. Auf dem Umweg über den Südosten ist das Wurfholz nach Norden bis in das heutige Kanada gewandert. Dort diente es hauptsächlich als Kampfwaffe, wodurch sich auch die Form des Wurfholzes änderte und es zunehmend hakenartig geformt war.

Auf dem Weg nach Süden gelangte es nach Mexiko, dort jagte man mit dem Wurfholz hauptsächlich Hasen. Zusätzlich galt das Wurfholz als Götterwaffe.

Das Wurfholz kommt sporadisch auch auf dem Südkontinent vor. Im heutigen Brasilien sollen Zauberer angeblich auch Bumerangs gekannt haben.

Ozeanien und Australien

Auf Süd-Celebes wurden Wurfhölzer dazu benutzt, Vögel aus den Reisfeldern zu vertreiben. Auf Zentral-Celebes, Java und Sumatra sowie in Queensland dient ein aus Bambussplittern angefertigtes kreuzförmiges Wurfholz den Kindern als Spielzeug, das eine ähnliche Flugbahn wie der Bumerang beschreibt und als Kreuzbumerang in die Literatur einging, obwohl es nach LENOCHS Meinung "mit einem Bumerang an und für sich nichts gemein hat" (S.136).

Die Bewohner der Neuen Hebriden benutzen neben den Wurfhölzern aus Holz, welche eine bogenförmige Flugbahn beschreiben, auch wurfholzförmige Steinwaffen.

Australien ist das heutige Kernland des Wurfholzes, es ist jedoch nicht in allen Gebieten Australiens anzutreffen. So fehlt das Wurfholz im äußersten Norden und auf Tasmanien. Außerdem wird das Wurfholz in keinem der übrigen Gebiete als Waffe gebraucht. Das dünnste und leichteste Wurfholz gibt es in Westaustralien, wo es besonders zum Fischfang benutzt wird. Auch in Südaustralien wird das Wurfholz zum Fischfang benutzt, es ist jedoch wesentlich schwerer.

Das Vorkommen des echten Bumerangs ist auf den Osten und Südosten sowie auf Südaustralien beschränkt. Er ist bei weitem nicht so verbreitet wie das Wurfholz und findet sich immer mit dem Wurfholz vergesellschaftet. In der äußeren Form unterscheidet sich der Bumerang nur wenig vom Wurfholz, selbst Eingeborene müssen zur Unterscheidung die Flugprobe machen.

FAZIT

Eine zusammenfassende Bewertung von LENOCHS Arbeit aus heutiger Sicht fällt schwer. Dies umso mehr, als bei der Lektüre der Arbeit immer von den dem Autor eigenen Definitionen ausgegangen werden muß.

Neuere Arbeiten, wie die von H. PETER, setzen sich mit den Problemen der Definitions- und Abgrenzungsversuche entschieden spezieller und filigraner auseinander, auch wenn die Ergebnisse für den flüchtigen Leser nicht unbedingt faßbarer bzw. klarer und eindeutiger werden.

Bezogen auf die damalige Zeit hat LENOCH jedoch äußerst umfangreiche und aufwendige Literaturstudien betrieben, und seine weltweiten geographischen Klassifizierungsversuche sind bis heute zu diesem Thema einmalig.

Besondere Beachtung haben wir LENOCHS Aussage zukommen lassen, daß die Erfindung des Bumerangs in seinen Augen für Alteuropa bewiesen ist. Nach unserer Meinung ist diese Behauptung nicht eindeutig belegt. Da der Begriff cateia  von den klassischen Autoren für verschiedene, z.T. sehr unterschiedliche Waffen (z.B. Speerschleuder, S.50) verwendet wird, kann nicht mit letzter Sicherheit die Existenz von Bumerangs im damaligen Europa bewiesen werden. Wir halten es nach dieser Literaturstudie für angebracht, davon zu sprechen, daß es durchaus für möglich gehalten werden kann, daß Bumerangs in Alteuropa existierten.

Literatur:
BORK, F.: Planetenreihen. In: Zeitschrift für Ethnographie 59, Berlin 1927
PETER, H.: Wesen und Bedeutung des Bumerangs. Wien 1986
WINCKLER, H.: Himmel, Kalender und Mythus. Altorientalische Forschungen II, 1898-1900

Anmerkungen:

Zur besseren zeitlichen Einordnung wurden - soweit möglich - von uns Jahreszahlen in den Text eingegeben. LENOCHS Dissertation kann über die Fernleihe bei der Universitätsbibliothek Wien ausgeliehen werden. Es entstehen geringe Versandgebühren und evtl. eine Gebühr für eine Transportversicherung.

Leider war 1992 der zur Dissertation gehörende Bildband nicht auffindbar. Beachtlich lang ist LENOCHs Literaturliste (ca. 30 DIN A 4 Seiten).

Ulli Wegner
Meller Str. 59
33613 Bielefeld


 
   

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